Mit dem HVO-Biokraftstoff setzen wir auf eine Alternative, mit der eine nahezu CO2-neutrale Lieferkette bis zur letzten Meile möglich ist. | © DB AG / Anastasia Schuster

Biokraftstoff HVO

HVO ist ein erneuerbarer Kraftstoff, der eine ähnliche chemische Zusammensetzung wie fossiler Diesel aufweist. Dadurch kann er Dieselkraftstoffe bei der Betankung im Eisenbahnbereich vollständig ersetzen. HVO steht für Hydrotreated Vegetable Oil und wird aus biologischen Rest- und Abfallstoffen hergestellt. Er kann sowohl in der Mineralölraffinerie verarbeitet als auch in speziell für fetthaltige Rest- und Abfallstoffe konstruierten Anlagen produziert werden.

Je nach Rohstoffzusammensetzung lassen sich mit HVO bilanziell bis zu 90 Prozent der Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zu herkömmlichem Diesel einsparen. So wird bei der Verbrennung im Motor ausschließlich CO2e freigesetzt, das der Atmosphäre zuvor beim Wachstum der Pflanzen entzogen wurde, die die Grundlage für HVO bilden. Der Restanteil der Treibhausgas-Emissionen entsteht bei der Herstellung und dem Transport der Kraftstoffe, also in der Vorkette.

Emissionsbilanzierung regulatorisch festgelegt

Die Emissionsbilanzierung von HVO und anderen Biokraftstoffen ist regulatorisch festgelegt. Auf EU-Ebene durch die Erneuerbare Energien Richtlinie (Renewable Energy Directive) und in Deutschland durch die Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung (Biokraft-NachV).

Hersteller und Importeure weisen dabei über die Datenbank für Nachhaltige Biomasse Systeme ("Nabisy") der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) sowohl den Biomasseanteil als auch die Treibhausgasreduktion gemäß der in der Biokraft-NachV vorgegebenen Systematik nach.

Die Zertifizierung von HVO-Kraftstoff erfolgt über Zertifizierungsstellen im Sinne der Biokraft-NachV. In Deutschland ist für die Anerkennung von Zertifizierungsstellen im Rahmen der nachhaltigen Biomasseherstellung die BLE zuständig. Die Zertifikate erhält im Anschluss der Inverkehrbringer, um die Nachhaltigkeit des hergestellten Kraftstoffes gegenüber Kund:innen belegen zu können.

 

Die Deutsche Bahn wird bis 2040 klimaneutral. Um dieses Ziel zu erreichen, setzen wir im Rahmen unserer Dekarbonisierungsstrategie auf die weitere Elektrifizierung unseres Streckennetzes. In Deutschland werden bereits heute mehr als 90 Prozent aller Verkehrsleistungen auf der Schiene elektrisch erbracht. Diesen Anteil wollen wir gemeinsam mit dem Bund weiter steigern. Gleichzeitig wird es auch in Zukunft Strecken geben, auf denen wir Güter und Personen aufgrund geografischer oder betrieblicher Besonderheiten nicht immer elektrisch ans Ziel bringen können. Dort setzen wir daher auf den Ausbau von alternativen Antrieben und Kraftstoffen als Ersatz für fossilen Diesel.

So unterschiedlich sich die technischen und infrastrukturellen Voraussetzungen gestalten, so unterschiedlich sind die entsprechenden Lösungen. Daher verfolgen wir eine mehrteilige und technologieoffene Strategie: Bei Neufahrzeugen setzen wir unter anderem auf neue Antriebsformen – wie etwa Wasserstoff und Batterie-Technologie. Und bei Bestandsfahrzeugen kommen seit 2022 alternative Kraftstoffe wie HVO als Brückentechnologie zum Zug. Sie unterstützen dort, wo alternative Antriebe insbesondere im Schienengüterverkehr noch nicht serienreif verfügbar sind, um den konventionellen Dieselmotor zu ersetzen.

  • Das Sylt Shuttle bringt unsere Kund:innen klimafreundlich auf die Insel. | © DB AG / Sylt Shuttle
  • Die Fahrzeuge werden an der HVO-Schienentankstelle der DB am Sylt Shuttle-Terminal in Westerland betankt.  | © DB AG / Anastasia Schuster
  • Der Sylt Shuttle fährt umweltfreundlich mit Biokraftstoff | © DB AG/ Faruk Hosseini

Mit HVO können unsere Dieselfahrzeuge bis zum Ende ihres geplanten Lebenszyklus ohne technische Modifizierung betrieben werden. So lassen sich auch ältere Lokomotiven mit dem alternativen Kraftstoff umweltfreundlich fahren. Und bei unserer Busbestandsflotte setzen wir ebenfalls verstärkt auf den Einsatz des Biokraftstoffs. Dadurch können wir nicht nur wertvolle Ressourcen schützen, wir reduzieren auch unseren CO2e-Ausstoß massiv und leisten damit bereits heute einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz.

Beschaffung und Qualität von HVO bei der DB

Das von der Deutschen Bahn eingesetzte HVO unterliegt hohen Beschaffungskriterien und wird ausschließlich aus biologischen Rest- und Abfallstoffen hergestellt wie Fetten der Nahrungsmittelverarbeitung, Altspeiseölen und pflanzlichen Rest- und Abfallstoffen. Für die Produktion werden daher keine zusätzlichen Anbauflächen genutzt, die in Konkurrenz mit der Nahrungs- und Futtermittelproduktion stehen.

Uns ist nicht nur wichtig, dass der Biokraftstoff, den die Deutsche Bahn bezieht, mindestens 85 Prozent der Emissionen im Vergleich zu herkömmlichem Diesel einspart. Wir stellen auch sicher, dass unser HVO frei von Palmöl ist. Aus diesem Grund lassen wir uns von unseren Lieferanten entsprechende Bescheinigungen über die Einhaltung unserer hohen Anforderungen ausstellen.

Die Verfügbarkeit für HVO, der unseren Anforderungen entspricht, ist für den gesamten Schienensektor bei den Herstellern gegeben. Ein durch hohen Nachfragedruck entstandener Verteilungskonflikt ist aktuell nicht zu erkennen. Auch ein Konflikt mit anderen Industrien bei den Reststoffen konnte bislang nicht festgestellt werden. Als Deutsche Bahn beobachten wir diese Entwicklung natürlich – auch vor dem Hintergrund der im Jahr 2024 erfolgten Zulassung des Kraftstoffs für Straßentankstellen – und überprüfen unser Vorgehen kontinuierlich.

  • Zug der Südostbayernbahn mit grünem Labeling. | © DB AG/ Thomas Kiewning
  • Die Züge der Südostbayernbahn werden mit HVO betankt. | © DB AG/ Thomas Kiewning
  • Mobiler Tankcontainer für die HVO-Betankung. | © DB AG/ Thomas Kiewning

Bei der Beschaffung sind wir wie andere Nutzer:innen auch auf die Zuverlässigkeit von Zertifikaten und die damit verbundenen Qualitätsversprechen angewiesen. Die Herausforderung einer sicheren, internationalen Lieferkette ist uns bekannt. Wir nehmen sie sehr ernst und stehen dazu im Austausch mit den zuständigen Bundesministerien und Behörden.

Vorteile gegenüber fossilem Diesel

Neben dem Einspareffekt von CO2e-Emissionen, der eine wichtige Säule unserer Dekarbonisierungsstrategie darstellt, hat HVO für uns noch weitere Vorteile. So ist der Biokraftstoff deutlich kälteunempfindlicher als fossiler Diesel. Dadurch wird ein Ausflocken verhindert und der notwendige Umstieg zwischen Sommer- und Winterdiesel entfällt. Zudem ist er länger lagerfähig.

Weil HVO keine Aromate beinhaltet, ergibt sich zudem eine geringere Verkokung wichtiger Motorenkomponenten und somit eine längere Haltbarkeit. Auch neigt der Biokraftstoff nicht zur Entstehung von Biokulturen, der sogenannten "Dieselpest". Im Vergleich zu fossilem Diesel konnten keine signifikanten Leistungsunterschiede festgestellt werden. Unsere Dieselloks können daher die gewohnten Leistungen erbringen.

Bevor HVO für im Jahr 2020 durch die Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz für die Nutzung auf der Schiene freigegeben wurde, wurden diese und andere Eigenschaften in langen Testreihen verifiziert. So haben wir als Deutsche Bahn die Nutzbarkeit von HVO im Rahmen von umfangreichen Prüfstandtests und Betriebsversuchen erprobt. Dabei hat sich gezeigt, dass mit HVO neben Schall- und Geruchsemissionen auch die lokalen Emissionen im Vergleich zu herkömmlichem Diesel sinken.

Im Austausch mit Wissenschaft und Industrie

Wenn wir als Deutsche Bahn neue Maschinen für unseren Fuhrpark bestellen, müssen die darin verbauten Motoren die gesetzlich vorgegebenen Grenzwerte für den Ausstoß von Schadstoffen einhalten.

Durch umfangreiche Motorentests und Betriebserprobungen in Zusammenarbeit mit unabhängigen Prüfinstituten wie zum Beispiel dem Institut für Kolbenmaschinen (IFKM) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben wir sichergestellt, dass HVO unseren hohen Ansprüchen im Betriebseinsatz gerecht wird. Dazu stehen wir auch weiterhin im engen Austausch mit Wissenschaft und Industrie.

Unsere langjährigen Tests basieren auf den jeweils aktuellen Erkenntnissen und erlauben uns daher eine vergleichende Bewertung in Bezug auf die entstehenden Emissionen. Die Rahmenbedingungen und das gewählte Messverfahren sind jedoch nicht vergleichbar mit denen der ursprünglichen Motorenzulassungen. Denn: Ziel unserer Messungen war es, die Eignung des Biokraftstoffs HVO für den Einsatz in unseren Dieselmotoren nachzuweisen und herauszufinden, inwiefern sich Emissionen im Vergleich zum Betrieb mit fossilem Diesel verändern. Es ging also im Kern nicht darum, absolute Emissionswerte zu ermitteln, sondern prozentuale Veränderungen gegenüber den Messergebnissen des herkömmlichen Diesels. So konnte auf Basis neuester Messmethoden nachgewiesen werden, dass sich durch den Einsatz von HVO die Abgasemissionen grundsätzlich deutlich reduzieren.

Bis zu 90 Prozent
weniger Treibhausgas-Emissionen

Zwar kann die Anzahl der Rußpartikel durch den Einsatz von HVO teilweise zunehmen. Gleichzeitig wird jedoch in allen unseren Messungen nachweislich deutlich weniger Rußmasse ausgestoßen. Zudem sinken auch die Stickoxide (NOx) bei der Verbrennung im Vergleich zu herkömmlichem Diesel. Entscheidend für uns ist: Bilanziell lassen sich mit HVO bis zu 90 Prozent der Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zu fossilem Diesel einsparen. Denn bei der Verbrennung im Motor wird ausschließlich CO2e freigesetzt, das der Atmosphäre zuvor beim Wachstum der Pflanzen entzogen wurde. Der Restanteil der Treibhausgas-Emissionen entsteht bei der Herstellung und dem Transport der Kraftstoffe, also in der Vorkette.

Alle unsere Motoren sind selbstverständlich gemäß der zum Zeitpunkt der Zulassung geltenden Regelungen und Grenzwerte für den Betrieb zugelassen und wir halten alle gesetzlichen Vorgaben ein.

HVO als wichtiger Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität

Der Einsatz von HVO ist für das Erreichen unseres Klimaneutralitätsziel 2040 ein wichtiger Baustein. So gibt es aktuell noch nicht für alle Anwendungsbereiche eine technologische Alternative zum Dieselmotor. Auch wird es in Zukunft weiterhin Strecken geben, die aufgrund der jeweiligen Gegebenheiten noch nicht elektrifiziert werden können.

Aus diesem Grund setzen wir mit dem Biokraftstoff HVO kurzfristig auf eine pragmatische Lösung als Brückentechnologie, um unsere CO2e-Emissionen sofort reduzieren zu können. Gleichzeitig arbeiten wir parallel an Innovationen für eine nachhaltige und klimaneutrale Mobilität der Zukunft – wie etwa dem Einsatz von Wasserstoff und Batterie-Technologie. Zudem arbeiten wir gemeinsam mit dem Bund an der weiteren Elektrifizierung unseres Streckennetzes.