Rund 33.000 Kilometer umfasst das Streckennetz der Deutschen Bahn. Ein Großteil davon grenzt an umliegende Waldflächen. Viele Bäume, Sträucher und Pflanzen haben hier ihren Lebensraum. Um diesen zu wahren und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass Züge zuverlässig und sicher unterwegs sind, setzt die Deutsche Bahn auf ein nachhaltiges Vegetationsmanagement. Dazu zählt ein koordiniertes Zusammenspiel verschiedener Maßnahmen im und am Gleis.
Nachhaltig geplant und umgesetzt
Die Sicherheit der Reisenden hat für die Deutsche Bahn oberste Priorität. Daher schneidet die DB Sträucher und Bäume an ihren Strecken so zurück, dass sie nicht in die Gleise hineinragen oder die Sicht auf Signale einschränken. Rechts und links der Gleise wird aus diesem Grund ein Bereich von sechs Metern ganzjährig von Bewuchs freigehalten. Aber auch Bäume und Gehölze hinter dieser sogenannten Rückschnittzone bleiben im Blick. Sind diese krank, morsch oder sturmanfällig, werden sie von Vegetationsexpert:innen zurückgeschnitten oder entnommen. Dabei werden die jeweils gültigen Vorgaben der Umwelt- und Naturschutzbehörden berücksichtigt, um zum Beispiel die Brut- und Setzzeiten von Vögeln und Säugetieren nicht zu stören.
Schnittgut, das im Rahmen der Vegetationsarbeiten anfällt, wird meist gehäckselt und als wertvolle Biomasse zurück in die Natur gegeben. Verwertbares Holz wird am ganzen Stück oder als Holzhackschnitzel vermarktet. Die übrigen Stämme und Äste werden in sicherer Entfernung abgelegt, wo sie einen wertvollen Lebensraum und Rückzugsort für kleinere Tiere bieten.
Innovative und digitale Forsttechnik im Einsatz
Bei der Inspektion und Pflege der angrenzenden Waldflächen sind hunderte von Fahrwegpfleger:innen und Förster:innen bei der DB im Einsatz. Zusätzlich nutzt die Deutsche Bahn Satellitendaten, um den Baumbestand ganzjährig im Blick zu behalten. Mittels Künstlicher Intelligenz werden diese zu digitalen Vegetationskarten verarbeitet. So können sturmanfällige Bäume schneller erkannt und das Schienennetz robuster und wetterfester gemacht werden.
Für jeden Anwendungsfall gibt es die passende Technik: Von einem Zwölf-Tonnen-Schreitbagger, der besonders für das Arbeiten an Steilhängen und auf unwegsamem Gelände geeignet ist, über den Rückschnitt per Helikopter und fliegender Säge bis hin zur ferngesteuerten Mulchraupe – der Werkzeug- und Maschinenpool der DB verfügt über zahlreiche innovative Lösungen.
Innovativer Maßnahmen-Mix für mehr Nachhaltigkeit
Auch im Gleis sorgt die Deutsche Bahn dafür, das Pflanzen nicht unkontrolliert wachsen. Denn die Wurzeln von Pflanzen können das Gleisbett lockern und so dessen Stabilität gefährden. Die Deutsche Bahn verzichtet seit 2023 in Deutschland auf den Einsatz von Glyphosat und setzt auf ein nachhaltiges Vegetationsmanagement mit einem koordinierten Zusammenspiel verschiedener Maßnahmen.
Ein wichtiger Bestandteil ist der gezielte Einsatz chemischer Vegetationskontrolle – zum Beispiel von Pelargonsäure. Hierbei handelt es sich um einen Wirkstoff natürlichen Ursprungs. Er gilt als leicht biologisch abbaubar und für Bienen ungefährlich. Pelargonsäure wirkt nur dort, wo es aufgebracht wird. Das heißt: Behandelte Pflanzenteile sterben zwar ab, die Wurzel der Pflanze bleibt aber unberührt. Die Zulassung von Pelargonsäure erfolgte im Februar 2023 durch die zuständigen Behörden und im Dialog mit den Umweltverbänden.
Neben der chemischen Vegetationskontrolle treibt die Deutsche Bahn auch alternative Verfahren voran. Dazu zählt neben dem Einsatz von digitalen Verfahren auch die technische Weiterentwicklung mechanisch-manueller Methoden, wie halbautonomen Mähraupen. Dabei steht die DB in intensivem Austausch mit anderen europäischen Bahnen. Für den Einsatz im Bahnbetrieb stehen diese innovativen Verfahren aktuell aber noch nicht zur Verfügung.
Halbautonome Mähraupe
Das funkferngesteuerte Mähfahrzeug ist besonders schmal. Integrierte Sensoren sorgen außerdem dafür, dass die Mähraupe immer einen ausreichenden Abstand zum Gleis einhält. Dadurch lassen sich vor allem Randwege effizient bearbeiten.
Schotterbürste
Die Schotterbürste ist eine sich drehende Bürste, die den Schotter im Gleisbett abbürstet und reinigt und so den Bewuchs reduzieren soll. Als Aufsatz kann die Schotterbürste an verschiedene Gleisarbeitsfahrzeuge montiert werden.
Electro Weeding
Beim Electro Weeding handelt es sich um ein sogenanntes thermisches Verfahren. Berührt das Werkzeug eine Pflanze, fließt Strom. Dadurch erhitzt sich das in der Pflanze befindliche Wasser und die Pflanze samt Wurzel beginnt von innen zu welken. Das Electro Weeding eignet sich insbesondere für Pflanzenarten, die sich überdurchschnittlich schnell ausbreiten und schwer einzudämmen sind.
Pflanzenerkennung mittels Künstlicher Intelligenz
Damit die Deutsche Bahn ihre Aktivitäten im Vegetationsmanagement effizient und rechtssicher planen kann, wurde das Digitale Vegetationsmanagementsystem (DVM) entwickelt. Eine innovative Komponente des Systems ist das Bewuchsmonitoring mittels KI. Dafür werden bestimmte Strecken gefilmt. Ein KI-basierter Algorithmus wertet die Streckenvideos aus und zeigt an, welche Flächen im Bereich des Gleisbettes bewachsen sind. So kann besser priorisiert und entschieden werden, mit welcher Methode der Bewuchs am sinnvollsten beseitigt werden kann.
Für die KI-Lösung BiGEye (BiG; Bewuchs im Gleis) hat die Deutsche Bahn 2023 den „KI Innovation Award“ vom KI-Bundesverband und dem F.A.Z.-Institut gewonnen.
Gut ausgerüstet gegen invasive Arten
Auch der Arbeits- und Gesundheitsschutz hat bei der Deutschen Bahn hohe Priorität. Daher sorgt die DB dafür, dass Mitarbeitende bei der täglichen Arbeit gut ausgerüstet sind – zum Beispiel im Umgang und beim Kontakt mit sogenannten invasiven Arten. Dazu zählen Pflanzen wie die Herkulesstaude, Japanknöterich oder Ambrosia. Diese gebietsfremden Arten breiten sich überdurchschnittlich schnell aus und können für die Infrastruktur oder die heimische Fauna und Flora aber auch für den Menschen zum Problem werden. Daher ist ein sensibler Umgang mit ihnen erforderlich. Die Kolleg:innen vor Ort werden über das Gefahrenpotenzial der jeweiligen Art informiert und sind darin geschult, wie diese behandelt werden müssen.