Die Deutsche Bahn hat sich verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg bis 2040 auf Net-Zero zu reduzieren. Ein wichtiger Hebel ist dabei die weitere Elektrifizierung des Streckennetzes. Allerdings wird es auch in Zukunft Strecken geben, auf denen Güter und Personen aufgrund geografischer oder betrieblicher Besonderheiten nicht immer elektrisch ans Ziel gebracht werden können. Dort setzt die DB daher auf einen technologieoffenen Ansatz mit alternativen Antrieben und Kraftstoffen als Ersatz für fossilen Diesel.
Virtueller Testlauf für alternative Antriebe
Damit die DB bei Ausschreibungen und bei der Beschaffung von Fahrzeugen die effizienteste und gleichzeitig klimafreundlichste Antriebsart wählen kann, setzt der Konzern auf ein intern entwickeltes Simulationstool. Egal ob batterie-elektrische Antriebe oder Systeme mit Wasserstoff und HVO-Biokraftstoff: Der DB Eco Rail Simulator bildet alle alternativen Antriebsvarianten und Hybrid-Systeme in einer Fahrsimulation ab.
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200
Fahrzeugdaten
bilden die Datengrundlage für den DB Eco Rail Simulator
Dafür wird das Tool mit einer Vielzahl an Daten gefüttert. Dazu zählen mehr als 200 fahrzeugspezifische Parameter, die bei den Herstellern abgefragt werden, aber auch Fahrplandaten und Streckenparameter, wie Kurven- und Höhenverläufe, die sich auf die Fahrdynamik auswirken. Auf dieser Basis lassen sich sogenannte digitale Zwillinge modellieren und durch Verknüpfung der Daten die Bahnfahrten realitätsgetreu abbilden.
Ein digitaler Zwilling ist ein detailliertes Abbild eines realen Objektes, einer Umgebung oder eines Prozesses auf digitaler Ebene. Die digitalen Zwillinge verhalten sich in ihrem Modell genau wie ihr Gegenstück in der echten Welt. Mit Hilfe des DB Eco Rail Simulators lässt sich daher überprüfen, ob das jeweilige Antriebssystem für den Betrieb auf einer vorgegebenen Strecke korrekt konzipiert ist. Dadurch zeigt sich zum Beispiel, ob die Batteriegröße ausreichend ist, damit der Zug auch bei minus zehn Grad Außentemperatur, voller Besetzung und straffer Fahrweise die nächste Nachlademöglichkeit erreicht. Das ist wichtig für die Planung, denn noch sind die deutlich geringere Reichweite und die komplexeren Ladeprozesse im Vergleich zu fossilem Diesel die größten Herausforderungen bei der Umstellung auf klimafreundliche alternative Antriebe wie Akku-Lösungen.
Nächster Halt: Dieselausstieg
Mit dem DB Eco Rail Simulator kann die Deutsche Bahn zum Beispiel genau berechnen, wie viele Wasserstoff-Tankstellen entlang einer Strecke benötigt werden oder wo im Streckennetz sogenannte Oberleitungsinselanlagen (OLIA) für das Nachladen von Akkuzügen installiert werden müssten. Auch aktuelle und zukünftige Wetterbedingungen, die großen Einfluss auf den Energieverbrauch oder den Ladezustand haben können, bildet das Simulationstool ab. Hierfür wurde eine Schnittstelle zur Datenbank des Deutschen Wetterdienstes programmiert. Damit kann der DB Eco Simulator örtliche Klimadaten automatisiert in die Simulation einfließen lassen. So kann die DB die Betriebsfähigkeit ihrer Verkehre klimaresilienter gestalten und Folgekosten vermeiden. Darüber hinaus wird mit einer sogenannten Alterungssimulation die Lebensdauer einzelner Komponenten ermittelt. So lässt sich abschätzen, wann und wie oft eine Batterie oder Brennstoffzelle ausgetauscht werden muss. Probleme im Betrieb können dadurch frühzeitig erkannt und von Vornherein vermieden werden. Damit trägt der DB Eco Rail Simulator zur erfolgreichen Umsetzung des Dieselausstiegs der DB bei.
Beratungskompetenz für mehr Klimaschutz
Mit den Erkenntnissen aus den Simulationen kann die Deutsche Bahn auch ihre Beratungskompetenz stärken. So unterstützt der Eco Rail Simulator etwa bei Ausschreibungen, also wenn sich DB Regio beispielsweise als Betreiber einer Fahrzeugflotte für einen Verkehrsverbund bewirbt. Mit dem Simulationstool lassen sich dabei maßgeschneiderte, wirtschaftlich tragbare Betriebskonzepte für die geforderte Antriebsart kalkulieren. Wenn die Ausschreibungen technologieoffen formuliert sind, unterstützt das Tool die DB dabei, die beste Alternative zum fossilen Diesel anzubieten. Auch schafft die fundierte und herstellerunabhängige Prüfung Akzeptanz und Vertrauen beim Besteller der Verkehrsleistung – eine wichtige Voraussetzung, damit klimafreundlich angetriebene Schienenfahrzeuge überhaupt erst bestellt werden.
Simulation für Leuchtturmprojekt in der Pfalz
Im Pfalznetz hat DB Regio zum Beispiel den Zuschlag für den Betrieb einer neuen Akkuzugflotte erhalten. Damit die Züge künftig alle Betriebsanforderungen erfüllen, wurden im Vorfeld die Fahrbarkeit der Verkehre und die Fahrzeugkonfiguration mit Hilfe des DB Eco Rail Simulators auf Herz und Nieren geprüft. Darüber hinaus hat die DB die Lebensdauer der Batterien berechnet und die Ladeprozesse in der Nacht sowie verschiedene Ausbauzustände des Pfalznetzes simuliert und optimiert. Ab Dezember 2025 werden die batterie-elektrischen Hybridfahrzeuge sukzessive in Betrieb genommen.