Wisente in der Muna Münster sorgen für die Beweidung der Flächen. | © German Roamers

Wir denken Wald neu

Für eine nachhaltige Verkehrsverlagerung auf die klimafreundliche Schiene muss die Infrastruktur weiter ausgebaut werden. Dabei lassen sich Eingriffe in die Natur nicht immer vermeiden. Als Ausgleich schafft die Deutsche Bahn neue Lebensräume an anderer Stelle.

DB-Klimawald – nachhaltig gedacht

Im Rahmen der geplanten Neubaustrecke Frankfurt–Mannheim hat die Deutsche Bahn bereits vor vielen Jahren die ersten Bausteine für das Projekt DB-Klimawald gelegt. Gemeinsam mit dem Bundesforst (BImA), der Ökoagentur für Hessen, externen Umweltbüros und den Kommunen vor Ort hat die DB in Südhessen verschiedene Teilprojekte umgesetzt. Mit dem DB-Klimawald erweitert die Deutsche Bahn ihr Engagement zum Schutz der Wälder, erhält bestehende Waldbiotope, vernetzt diese und entwickelt gleichzeitig neue Waldflächen. Damit schafft sie nicht nur einen Ausgleich für Flächen, die durch künftige Baumaßnahmen in Anspruch genommenen werden. Sie wirkt auch dem voranschreitenden Waldsterben entgegen.

Nachhaltig gemacht – die fünf Teilprojekte im Überblick

Auf einer Gesamtfläche von rund 500 Hektar vernetzt die Deutsche Bahn sensible Lebensräume im Raum Südhessen miteinander und stärkt so nachhaltig die Biodiversität. Der DB-Klimawald umfasst fünf verschiedene waldökologische Teilprojekte: den klimastabilen Waldumbau im Pfungstädter Wald, die Förderung einer natürlichen Waldentwicklung mit Offenlandflächen in der Muna Münster, die Errichtung von Binnendünen unterhalb der Stromtrasse in der Beckertanne, das Pilotprojekt resilienter Bahnwaldrand im Griesheimer Sand sowie die Erhaltung alter lichter Eichenwälder in der Beckertanne nahe Darmstadt.

100000 neue Bäume
für einen klimastabilen Mischwald

Waldumbau im Pfungstädter Wald

Damit der Pfungstädter Wald eine Zukunft hat, muss er nachhaltig umgebaut werden. Denn heiße Dürresommer haben gezeigt, wie schwach und anfällig der bestehende Monokulturwald bei Pfungstadt geworden ist. Die Nadelbäume sind stark geschädigt. Viele sind bereits abgestorben und so leichte Beute für Borkenkäfer, Maikäfer und verschiedene Pflanzenkrankheiten. Auf einer Fläche von rund 250 Hektar pflanzt die Ökoagentur Hessen daher im Auftrag der DB bis zum Jahr 2030 mehr als 100.000 neue Bäume und Sträucher. Ziel ist es, einen klimastabilen Mischwald aus standortheimischen

Bäumen wie Eichen, Hainbuchen und Elsbeeren entstehen zu lassen. In sogenannten Pflanznestern werden jeweils neun heimische Baum- und Straucharten ausgepflanzt. Die Pflanzplätze werden anschließend gegen die Trockenheit mit Hackschnitzel abgedeckt und vor Wildverbiss geschützt. Denn die frischen Knospen stehen ganz oben auf dem Speiseplan von Rehen und anderen Wildtieren. So wächst ein strukturreicher Wald heran, der vielen Tierarten Schutz und Lebensraum bietet und zugleich den veränderten klimatischen Bedingungen standhält.

  • Luftaufnahme Pfungstädter Wald  | © Ökoagentur für Hessen/Patrick Steinmetz
  • In sogenannten Pflanznestern werden jeweils neun bis 16 heimische Baum- und Straucharten ausgepflanzt. | © Ökoagentur für Hessen/Patrick Steinmetz
  • Zum Schutz vor Wildtieren zäunen wir die Setzlinge mit sogenannten Hordengattern aus lokalem Kiefernholz ein. | © Ökoagentur für Hessen/Patrick Steinmetz

Muna Münster Wisentwald

Auf einem rund 260 Hektar großen Gelände nahe der Gemeinde Münster östlich von Darmstadt befindet sich der Wisentwald Muna Münster. Der frühere Militärstützpunkt der US-Armee liegt seit Anfang der 1990er-Jahre brach und wurde weitestgehend der Natur überlassen. Damit war der Grundstein für einen einzigartigen natürlichen Waldkomplex gelegt, der Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten bietet. Hier ist auch eine Herde von Wisenten und wilden Przewalski-Pferden zuhause. Bereits im Jahr 2011 hat die Deutsche Bahn dort begonnen, die ersten Naturschutzmaßnahmen umzusetzen, um den heute teilweise schon 150 bis 200 Jahre alten Baumbestand dauerhaft zu bewahren und zum Naturwald zu entwickeln. Seit dem Jahr 2020 sorgen die weidenden Tiere dafür, dass die Freiflächen auf dem überwiegend bewaldeten Gelände nicht zu stark zuwachsen. Denn die Tiere fressen auch Zweige, Laub und Flechten und schützen durch Tritt und Beweidung die offenen Flächen gegen eine zunehmende Verbuschung. Und ihre Ausscheidungen locken verschiedene Insekten an, die wiederum als Nahrungsquelle für zahlreiche Vogelarten dienen.

Der Rückbau von Drainagen auf der Fläche sorgt zudem für eine „Wiedervernässung“ des lichten Waldbereichs. So entstehen sumpfartige Strukturen, die sich mit der Zeit zu Mooren entwickeln können – ein bedeutender Speicher für Kohlenstoff.

  • Wisente in der Muna Münster sorgen für die Beweidung der Flächen. | © German Roamers
  • Moorlandschaft | © Bundesforst
  • Auch eine Herde von Przewalski-Pferden sorgt in der Muna Münster dafür, dass die offenen Flächen nicht zuwachsen.  | © German Roamers

Muna Münster Naturerlebnispfad 

Im Oktober 2023 hat die Deutsche Bahn auf dem Gelände der Muna den bundesweit einzigartigen Naturerlebnispfad Wisentwald eröffnet. Der 1,5 Kilometer lange Parcours bietet an verschiedenen Stationen Einblicke in die biologische Vielfalt vor Ort und informiert über das Ökosystem Wald. Vom Barfußpfad über eine Aussichtsplattform mit Panoramablick auf Wisente und Przewalski-Pferde bis hin zu Graffitikunstwerken in 3D-Optik an den Wänden der alten Bunkeranlagen: der Lehrpfad bietet vielfältige und spielerische Angebote für die ganze Familie. Seit März 2024 ist außerdem die Dauerausstellung „MUNATUR – von der Munitionsanstalt zum Biotop“ in einem der einstigen Bunker geöffnet. Die vom Büro für Erinnerungskultur Babenhausen konzipierte Ausstellung zeichnet in Bild, Text und Ton die wechselvolle Geschichte der Muna nach.

Gemeinsam mit der Bundesanstalt für Immobilien und der Gemeinde Münster (Hessen) schafft die Deutsche Bahn so einen besonderen Natur- und Lernort und trägt weiter zum ökologischen Ausgleich der neuen Ausbaustrecke bei.

  • 3D Zeichnung eines Wisent zu sehen im Naturlehrpfad | © Tanja Radloff
  • 2 Infotafeln im Naturlehrpfad Wisentwald | © Tanja Radloff
  • Wisent und Kalb stehen auf einer Weide, zu sehen vom Naturlehrpfad aus | © Tanja Radloff

Binnendünen Stromtrasse Beckertanne

Unterhalb der Hochspannungsleitungen im Westwald von Darmstadt sorgt die Deutsche Bahn gemeinsam mit der Ökoagentur Hessen im Projekt „Binnendünen Stromtrasse Beckertanne“ für die Wiederherstellung einer ehemaligen Dünenlandschaft. Lange Zeit verliefen die Stromleitungen dort relativ bodennah in 20 Metern Höhe, sodass die darunter liegenden Flächen jahrzehntelang baumfrei gehalten und gemäht werden mussten. So entstand eine lange Waldschneise mit artenreichem Sandtrocken- und Steppenrasen. Nach der Modernisierung der Hochspannungsleitung, die nun in 50 Meter Höhe verläuft, musste die darunter liegende Trasse nicht mehr gemäht werden. Der Wald begann, die Fläche wieder zu überwachsen. Seltene Arten und Lebensräume verschwanden. Im Jahr 2018 startete die Deutsche Bahn darum gemeinsam mit der Ökoagentur für Hessen die Wiederherstellung der alten Dünenlandschaft. Schafe beweiden seitdem die Flächen. Mit Tiefensand aus Baugruben rund um Darmstadt sind neue Flugsanddünen entstanden. Die offenen Sandflächen

und der Blütenreichtum bieten zahlreichen Insekten Lebensraum und Nahrung. Das zieht viele Vogel- und Fledermausarten an. Auch Reptilien finden hier ausreichend Nahrungs- und Fortpflanzungsplätze.

  • Im Projekt „Binnendünen Stromtrasse Beckertanne“ sorgen wir für die Wiederherstellung einer ehemaligen Dünenlandschaft.  | © Ökoagentur für Hessen/Patrick Steinmetz
  • Schafe beweiden die Flächen der Binnendünen. | © Ökoagentur für Hessen/Markus Palzer
  • Die offenen Sandflächen und der Blütenreichtum bieten zahlreichen Insekten Lebensraum und Nahrung.  | © Ökoagentur für Hessen/Markus Palzer

Beckertanne - lichter Eichenwald

Auf einer Fläche von 20 Hektar östlich der Autobahn A67 liegt das Gebiet Beckertanne bei Darmstadt. Das Gebiet wurde viele Jahre als Truppenübungsplatz der US-Armee genutzt. Es bildet mit zwei weiteren Teilgebieten ein anerkanntes Fauna-Flora-Habitat. Im Süden des Gebietes und daran angrenzend findet sich ein etwa fünf Hektar großer lichter Eichenwald. Mit gezielten Maßnahmen zur nachhaltigen Beweidung mit Schafen und Eseln fördert die DB dort die Artenvielfalt und sorgt dafür, dass sich künftig viele verschiedene Vogel- und Insektenarten ansiedeln können. Indem Alt- und Totholz erhalten wird, kann zudem Lebensraum für Tiere gesichert werden, die trockene und warme Standorte bevorzugen, wie etwa für den sehr selten geworden Eichenheldbock.

  • Wir fördern wir die Artenvielfalt im Eichenwald Beckertanne bei Darmstadt. | © DB AG/ Matthias Mähliß
  • Bäume im Eichenwald Beckertanne | © DB AG/Matthias Mähliß
  • Das Gebiet Beckertanne bei Darmstadt bildet mit zwei weiteren Teilgebieten ein anerkanntes Fauna-Flora-Habitat.  | © DB AG/ Matthias Mähliß

Resilienter Bahnwaldrand am Griesheimer Sand

Im Griesheimer Sand erprobt die Deutsche Bahn den Aufbau eines gestuften Waldrands. Damit soll entlang der zukünftigen Trasse der Neubaustrecke Frankfurt–Mannheim bereits vor dem eigentlichen Baubeginn ein strukturreicher und artenreicher Waldrand geschaffen werden. Mit dem gestuften Waldrand können die dahinterstehenden Bäume vor starken Winden und Sonneneinstrahlung geschützt werden. Für die Testmaßnahme im Griesheimer Sand werden keine Bäume gefällt, sondern es wird lediglich geschädigtes und abgestorbenes sogenanntes Totholz entfernt. Auf den frei gewordenen Flächen werden anschließend vielfältige Strauchsorten in Gruppen angepflanzt. So entstehen im zukünftigen gestuften Waldrand neue Feucht- und Trockenlebensräume für eine Vielzahl von Reptilien- und Insektenarten.

  • Bäume im Wald | © DB AG/Matthias Mähliß
  • Im Griesheimer Sand fällen wir keine Bäume, sondern entfernen lediglich geschädigtes und abgestorbenes sogenanntes Totholz. | © DB AG/ Matthias Mähliß
  • Auf den frei gewordenen Flächen pflanzen wir anschließend vielfältige Strauchsorten. | © DB AG/ Matthias Mähliß

Auszeichnung als herausragendes Beispiel der UN-Dekade

Mit dem DB-Klimawald leistet die Deutsche Bahn gemeinsam mit ihren Partnern einen entscheidenden Beitrag zum Natur- und Artenschutz. Bei der derzeit laufenden internationalen UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen haben Bundesumweltministerium und Bundesamt für Naturschutz den DB-Klimawald als „Hervorragendes Beispiel“ eingestuft.